Eduard von Nagel Anton Bruckner Maximilian und Karl Keyhl
Kurarzt
Maximilian Keyhl behandelte den wohl berühmtesten Kurgast unseres Ortes,
Anton Bruckner. Der große oberösterreichische Tondichter weilte in den
Jahren 1864 und 1867 wegen eines Nervenleidens zur Kur in Kreuzen. Sein
Aufenthalt dauerte jeweils drei Monate. Bruckner schrieb mehrere Briefe von
Kreuzen an seinen Freund Rudolf Weinwurm, in denen er seine Verzweiflung und
seinen Kummer zum Ausdruck brachte. In seinem Brief vom 21. Juli 1867 an
seinen Freund beschreibt Bruckner genau den Tagesablauf in der Kuranstalt.
Lieber Freund!
Ich beeile mich Deinen Wünschen nachzukommen.
1.
Das Bad Kreuzen ist nur
Kaltwasserheilanstalt. Luft u Quellen sind sehr gut; aber die Anstalt selbst
hat kein lobenswerthes Wasser.
2.
Die Cur wird vorgenommen - mittelst
Einpackungen (in feuchte Leintücher u Kotzen eingewickelt durch 1 o mehrere
Stunden), ferner mittelst Halbbäder (Abwaschungen), Sitzbäder, Abreibungen,
Abklatschungen (auf nasse Leintücher) Fußbäder, Regen-, Douche- u Wellenbäder;
Die Cur beginnt um 4 Uhr oder bald
nachher Morgens u zwar irgend etwas von dem Genannten. Dann muß man wie nach
jeder Cur zu den Quellen gehen zu trinken. Dann kalte saurer o süße Milch
zum Frühstück mit Butter o Obst; als Erdbeeren dgl.
Dann nach 10 Uhr 2. Cur
wieder eines, aber meistens verschieden. Quellen wie oben. 12 Uhr
Mittagessen gemeinschaftlich; Manche speisen auch allein (Suppe eine
Fleischspeise mit Gemüse u. dann Mehlspeise) pr Tag für Mittag 60 Kr) Nach 4
Uhr wieder Cur – Quellen wie oben. Dann: saure Milch etc wie zum Frühstück
als Abendkost. Vor dem Schlafengehen letzte Cur, jedoch diese nicht bei
Allen.
Ich z.B. habe Morgens jetzt: 1 Stunde Einpackung dann Halbbad; ½ 11 Uhr
Abklatschung dann Sitzbad; nach 4 Uhr Nachmittags dasselbe, o wenn es schön
ist Wellenbad. Abends: Fußbad.
3. Das Heilverfahren ist bei den
verschiedenen Patienten ganz verschieden u wird jeden Tag etc v. Doctor
bestimmt. Gegenwärtig sind bei 100 oder noch mehr Gäste hier; Patienten
jedoch weniger.
4. Das gesellige Leben wird ganz gut cultiviert; ich liebe mehr die Ruhe. Auch ein Clavier ist da; man tanzt,
schiebt Kegel, macht Ausflüge, spielt Theater, hat Conzerte, natürlich
großartige.
5. Der Kostenpunkt ist auch verschieden. Ich
zahle fürs Zimmer täglich 80 Kr; es gibt auch billigere 40, o 50 Kr täglich.
Ich habe der Verwaltung wöchentlich 10-11 fl o etwas mehr zu zahlen; dem Arzt
wöchentlich 1 fl 50 Kr Taxe; das Andere ist Kost etc. (monatlich komme ich
auf circa 80 fl.
6. Das Heilverfahren dauert sehr verschieden
bei Nervösen. Man bleibt 6 Wochen gewöhnlich; aber für solche Zustände, auch
3 o 6 Monate. Du weißt ich bin bald 3 Monate hier.
Übrigens kann sich Dein Freund an den Doctor M Keyhl hier wenden um Sicheres zu erfahren.
Ich danke Dir herzlich für Deine Liebe u
freue mich kindlich auf den nächsten lieben Brief von Dir. Alois habe ich
auch geschrieben.
Es küßt Dich
Dein Freund Anton Bruckner
Kreuzen, den 21. Juli 1867
(Ich schreibe Dir schon, wann ich weggehe; denn ohne ärztliche Bewilligung Darf
ich nicht.)
Wie sehr sein Nervenleiden an ihm zehrte, berichtet auch eine
Anekdote aus jenen Tagen:
Als böhmische Musikanten zur Unterhaltung der Kurgäste aufspielten,
flüchtete Bruckner aus der Anstalt in die Einsamkeit der nahen
Wolfsschlucht, da er die Musik nicht ertragen konnte. Als Bruckner nicht
mehr zurückkehrte, begann man ihn zu suchen. Nach einiger Zeit fand man ihn
in der Wolfschlucht weinend auf einem Felsen sitzend. Bruckner hatte sich
verstiegen, sodass er mit Seilen und Leitern aus seiner Lage befreit werden
musste.
An
den Aufenthalt des Musikanten Gottes in Kreuzen erinnert heute noch die
"Anton-Bruckner-Quelle" im Pfarrerwald. Hier soll der Meister im August
1867
an dem Kyrie seiner berühmten f-moll-Messe gearbeitet haben.
Zu seinem 150. Geburtstag wurde 1974 ein Rundweg um den Mariahilfberg nach
ihm benannt.